Beitrag von Katharina Jacob
Die jüdische Gemeinde von Bobenhausen war recht klein, und es macht auf den ersten Blick den Eindruck, als sei die Anzahl der Juden bis ins 20. Jahrhundert hinein konstant geblieben. Im Jahre 1830 waren in Bobenhausen 44 Juden ansässig, 71 Jahre später waren es 54, was 9,73 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht (Judenakte). Allerdings würde es verwundern, wenn es hier nicht auch zu einer Auswanderungswelle in der Mitte des 19. Jahrhunderts gekommen wäre.
Auch diese Juden fristeten ihr Leben als Viehhändler, unter ihnen waren zwei vermögende Familien (Judenakte, Reg.Bez. Darmstadt). Unter ihnen war Alfred Reiss, der jedoch nicht identisch ist mit dem geschickten Fahrradhändler, der auf den Kestricher Tafeln erwähnt wird. Wir erinnern uns: der in Kestrich genannte Viehhändler hieß Nathan.
Alfred Reiss wurde 1900 in Bobenhausen geboren und arbeitete bis zum Jahre 1933 als Lehrer an verschiedenen Schulen in Darmstadt tätig. Im Januar 1939 wanderte er nach Palästina aus. In der „Alsfelder Allgemeinen Zeitung“ vom 9. November 1996 wird auch Moses Katz genannt, der 1866 plante, den Ort zu verlassen.
Nach 1933 gehörten zur jüdischen Gemeinde von Bobenhausen unter dem Vorsitzenden Max Katz noch 36 Personen, die meisten wanderten aus, in die USA oder nach Israel. Vier Personen wurden 1942 deportiert.
Bobenhausen hatte eine eigene Synagoge in der Hauptstraße 34. Wie der große Bruder Ulrichstein war Bobenhausen eine liberale jüdische Gemeinde (AAZ 9.11.1996). Auch einen Friedhof finden wir hier. Er liegt weit außerhalb der Gemeinde an einem mit Büschen überwachsenen Berghang, die Grabsteine sind zum Teil umgeworfen oder zerbrochen. Weitere Namen, die man auf den Grabsteinen lesen kann, sind Katz, Hermann und Hofmann. (Krauss / Wiesemüller 1994: 79). Von der Anstellung eines Lehrers, der die Juden von Bobenhausen und Ulrichstein gemeinsam unterrichten sollte, handelt ein Schreiben des Kreisamts Schotten vom 6. August 1857:
„Es ist uns mitgetheilt worden, die Israeliten in Ulrichstein beabsichtigten sich wieder zu einer formlichen Gemeinde mit gesetzlichem Vorstand zu vereinigen. Indem wir Sie beauftragen nach eingezogener Erkundigung uns über diesen Gegenstand zu berichten empfehlen wir Ihnen zugleich, sich darüber zu ver[lässigen?], ob die dortige Gemeinde gewillt sein wird, sich mit derjenigen zu Bobenhausen II über die Anstellung eines gemeinschaftlichen Lehrers zu vereinigen.“ (StaU Konv. 4 Fasz. 7)
Wie der große Bruder Ulrichstein war auch die jüdische Gemeinde Bobenhausen liberal. Sie hatte ihren eigenen Friedhof, eine ältere Gräberstätte, die weit außerhalb der Gemeinde an einem mit Büschen bewachsenen Berghang lag und noch liegt. Krauss und Wiesemüller (1994: 79) beschreiben die Anlage als stark verwahrlost, der Zaun sei beschädigt, die Eingangspforte eingetreten, Drahtabfälle lägen umher, das Vieh trampele über das Gras. Hier dominiert der wenig jüdisch anmutende Familienname Hofmann. Zwanzig Gräber sind noch erkennbar, das jüngste stammt aus dem Jahr 1925 (Krauss / Wiesemüller 1994: 79).