Heute vor 75 Jahren endete Brauerei-Ära Wallach
07.09.2010 – ALSFELD
Von Heinrich Dittmar
Karl Wallach verkaufte an Genossenschaft von Gastwirten
Heute vor 75 Jahren, am 7. September 1935, verkaufte Karl Wallach seine Brauerei in der Grünberger Straße an eine Genossenschaft von Gastwirten. Die Wirte hatten sich kurz vorher organisiert. Damit gaben die Wallachs nach über 70 Jahren ihr Unternehmen auf.
Maier Wallach hatte 1858 die Braurechte von der Stadt Alsfeld erworben und unterhalb des Bahnhofs eine Brauerei errichtet, dazu gehörte ein Felsenkeller am Kuhberg.
Sein Sohn Leopold erbaute 1904 eine neue Anlage in der Grünberger Straße. 1906/07 lieferten die Sächsischen Maschinenfabriken eine große Dampfmaschine, die heute noch zu sehen ist. Die Wallachs wohnten zunächst in der Rittergasse, dann am Bahnhof und nach dem 1. Weltkrieg in der Villa in der Grünberger Straße. Dort lebten 1935 Karl Wallach und sein Sohn Helmut mit Frau. 1934 hatte Helmut Wallach Charlotte Meyer aus Frankfurt geheiratet.
Karl Wallachs Frau war schon 1932 in Berlin verstorben. Zur Zeit der Verkaufsverhandlungen war Charlotte Wallach schwanger. Sie berichtete 1988, bei einem Besuch in Alsfeld, dass sie damals von Leuten der NSDAP bedroht und ihr Schwiegervater unter Druck gesetzt worden war. Man hielt auch ihr eine Pistole an den schwangeren Leib und belästigte sie. Dies alles dürfte die Unterschrift unter den Kaufvertrag bei Notar Wachtel durch Karl Wallach beschleunigt haben. Am 2. Oktober 1935 kamen Doris Paula und Helene Charlotte mit Hilfe von Sanitätsrat Weber zur Welt.
Karl Wallach ging danach ins Israelitische Krankenhaus nach Frankfurt am Main. Dort verstarb er nach einer Operation am 23. Oktober 1935. Über sein Begräbnis ist bisher nichts bekannt.
Karl Wallach war, so berichten frühere Angestellte und Brauereiarbeiter, ein sehr gütiger und verständnisvoller Chef, der in Notlagen auch persönlich Hilfe gewährte. Die Familie seines Sohnes Helmut lebte bis 1937 in Frankfurt am Main und wanderte dann nach Argentinien aus. Nach 1945 versuchte Helmut Wallach zunächst die Brauerei zu übernehmen. Dieses Vorhaben scheiterte. Seine Familie lebte und arbeitete unter schwierigen Umständen in Buenos Aires.
Die Bedeutung der Familie Wallach in Alsfeld lernte Paula Wallach, die Enkelin Karls erst 1988 in Alsfeld kennen. Heute leben sie unter sehr bescheidenen Verhältnissen in Buenos Aires. Mit wenig Verständnis kann man jetzt Berichte über den angeblich problemlosen Verkauf der Brauerei von Wallach an die Genossenschaft zur Kenntnis nehmen.